Verbesserung der Netzstabilität durch gezielte Netzsimulationen
Im Rahmen von Stabilitätsanalysen wird untersucht, welchen Einfluss Fehler, Schalthandlungen oder Lastsprünge auf die Stabilität im Kurzzeitbereich (wenige Sekunden, transiente Stabilität) und im Mittelzeitbereich (0 - 60 s, statische Stabilität) haben. Klassischerweise werden im Kurzzeitbereich in erster Linie Polradänderungen untersucht, im Mittelzeitbereich Frequenzänderungen.
Im Bereich der transienten Stabilität werden geplante oder nicht geplante Schaltvorgänge untersucht, die die Impedanzen des Netzes verändern. Dies können ein- oder mehrphasige Kurzschlüsse oder ein- oder mehrphasige Kurzunterbrechungen, Lastabwürfe oder das Trennen von großen Erzeugungseinheiten vom Netz sein.
Die Polräder der beteiligten Synchrongeneratoren erfahren in diesen Fällen Pendelungen, die Veränderungen in den Spannungen, Strömen und Leistungen hervorrufen. Nach wenigen hundert Millisekunden zeigt sich dann, ob der Synchronismus erhalten bleibt oder nicht. Für das Einmaschinenproblem kann die direkte Stabilitätsuntersuchung mit Hilfe des einfachen Flächensatzes erfolgen, bei dem die Beschleunigungsfläche und die Bremsfläche als Integral der abgegebenen Wirkleistung über der Winkeländerung ermittelt werden. Das System ist dann stabil, wenn die Beschleunigungsfläche kleiner ist als die Bremsfläche.
Im Gegensatz dazu kann das Mehrmaschinenproblem nur noch numerisch mit Hilfe von Simulationen gelöst werden. Bleibt der Synchronismus nicht erhalten kommt es zum sogenannten Polschlupf. Dieser kann im schlimmsten Fall zur Zerstörung von Generatoren führen.
Mit NEPLAN können gezielt Maßnahmen untersucht werden um das Auseinanderdriften der Polräder der Generatoren und/oder das Absinken oder Ansteigen der Netzfrequenz zu reduzieren.
Anwendungsbeispiel
Im nachfolgenden Beispiel wird das Verhalten eines 8,5-MVA-Blockgenerators nach der Klärung eines dreipoligen Kurzschlusses gezeigt. Der Fehler tritt 100 ms nach Simulationsbeginn ein. Der Fehlerort befindet sich jenseits des Blocktransformators im 20-kV-Netz. Der dreipolige Kurzschluss wird nach weiteren 200 ms selektiv durch den Netzschutz geklärt. Daraufhin erholt sich die Netzspannung wieder (Bild links oben).
Am Verlauf der Wirk- und Blindleistung (oben Mitte), des Polradwinkels (rechts oben), der Polradspannung (links unten) und des Generatorstromes (rechts unten) lässt sich erkennen, dass der Generator nach Fehlerklärung nicht mehr in den stabilen Zustand übergeht.
Es treten mehrere Pendelungen auf, die in darin begründet sind, dass sich der Polradwinkel (Lastwinkel) des Generators über das zulässige Maß hinaus vergrößert hat und ausbricht. Es kommt zum wiederholten Polschlupf. Abhilfemaßnahme wäre eine Reduzierung der Schutzabschaltzeit. Da bei dieser Betrachtung auch die Schaltereigenzeiten und Kommandozeiten des Netzschutzes berücksichtigt werden müssen, gehen solche Anpassungen typischerweise zu Lasten der Selektivität.