Druckberechnung für Schaltfelder und Schaltanlagenräume
Mittelspannungsschaltanlagen und elektrische Betriebsräume können im Falle eines auftretenden Störlichtbogens erheblichen Druckbelastungen ausgesetzt sein. Ein Störlichtbogen in einer metallgekapselten Mittelspannungsschaltanlage kann z.B. unter folgenden Umständen auftreten:
- im Leistungsschalterraum durch Fehlfunktionen beim Schalten von Last- oder Kurzschlussströmen
- beim Betätigen des Trenn- oder Erdungsschalters, etwa beim Schalten unter Last oder bei Feder-/Kontaktfehlern
- im Kabelanschlussraum, etwa durch gealterte Isolationen, Montagefehler oder Tauwasserbildung über Isolationsstrecken
- in Spannungswandlern bei fehlerhafter Montage, Isolationsfehlern am Gehäuse oder bei Ferroresonanz
In der PEHLA-Richtlinie Nr. 4 und der internationalen Norm IEC 62271 wird die Durchführung und Beurteilung von Störlichtbogenprüfungen (Typprüfungen) für fabrikfertige Mittelspannungsschaltanlagen beschrieben. Diese Prüfungen sind jedoch zum einen sehr aufwendig und zum anderen werden die Wirkungen auf den Schaltanlagenraum nicht berücksichtigt. Aus diesem Grund wurden Simulationsverfahren entwickelt, mit denen die Auswirkungen eines elektrischen Störlichtbogens auf die Schaltanlage selbst sowie den Schaltanlagenraum mit hoher Verlässlichkeit ermittelt werden können. So können bereits in der Projektierungsphase etwaige Zusatzmaßen zur Druckbegrenzung vorgesehen werden.
Zur Untersuchung einfacher Anordnungen sind in der Regel raummittelnde Verfahren ausreichend. Bei diesen Verfahren werden auf Basis der ermittelten Lichtbogenenergie im Brennraum und des sich über den Zeitverlauf veränderlichen Gasgemisches die Druckverläufe berechnet. Es können beliebig viele, zueinander angeordnete Entlastungsräume berücksichtigt werden.
Bei komplexeren Anordnungen, wie z.B. bei der Berechnung von Druckentlastungskanälen, ist neben der zeitabhängigen Zusammensetzung des Gasgemisches auch der Strömungsverlauf des Gases von Interesse. Zur Lösung dieser Problemstellung kommen dann spezielle, raumauflösende Programme zum Einsatz.
Die von uns verwendeten Simulationsprogramme zur Berechnung der Druckentwicklung in Mittelspannungschaltanlagen wurden im Rahmen langjähriger Forschungsprojekte an der RWTH Aachen entwickelt und auf Basis von realen Störlichtbogenexperimenten kalibriert.
Umfassende Beratung und effiziente Projektierung
Auf Basis der Simulationsergebnisse erhalten Sie von uns wichtige Eckdaten zur Projektierung von Mittelspannungsschaltanlagen, wie etwa die Dimensionierung der erforderlichen Druckentlastungsfläche im Anlagenraum. Handelt es sich beim Schaltanlagenraum um ein Bestandsgebäude mit nur eingeschränkten, baulichen Möglichkeiten, so können mit Hilfe von Druckberechnungen die folgenden Abhilfemaßnahmen geprüft werden:
- Herabsetzen der Schutzabschaltzeit des Schutzrelais des vorgelagerten Leistungsschalters
- Nachträgliches Einbringen von Energieabsorbern unterschiedlicher Lagenanzahl
- Installation von Licht- oder Drucksensoren zur sofortigen Auslösung des Einspeiseleistungsschalter
- Installation eines Schnellerdungssystems (z.B. UFES) oder
- Installation eines Druckentlastungskanals
Die Eingangsdaten zur Durchführung der Druckberechnung werden anhand einer vereinfachten Netzberechnung ermittelt.
Durch Vergleichsrechnungen kann dann die wirtschaftlichste Maßnahme zur Begrenzung des Druckanstiegs im Schaltanlagenraum ausgewählt werden. Die Abstimmung der Maßnahmen mit dem ortskundigen Elektroplaner ist dabei für uns selbstverständlich. Zum Beispiel muss bei der Festlegung des Einbauortes von Druckausgleichsöffnungen berücksichtigt werden, dass während des Ansprechens keine Personen gefährdet werden.
Wir unterstützen unsere Kunden auch bei der fachkundigen Beurteilung von bestehenden Schaltfeldern, Schaltanlagengebäuden und Druckentlastungsvorrichtungen.